Über die Erreichbarkeit
Ja, ich weiß, das ist so ein abgelutschtes Thema — aber leider habe ich
nicht das Gefühl, dass sich die Gesellschaft im Allgemeinen und die Ar-
beitsgesellschaft im Besonderen darüber so wirklich einig ist – also:
muss darüber weiter geredet werden. Hier also meine These: Ich muss nicht
ständig erreichbar sein. Und damit meine ich nicht nur die Grundregeln,
die da lauten: Das Handy wird vorm Schlafengehen ausgeschaltet, das Ar-
beitshandy nach Feierabend (und ja, deshalb ist es auch so wichtig, zwei
verschiedene Handys zu besitzen, auch wenn es etwas umständlich ist), und
die Festnetznummer bekommen nur die wichtigsten Menschen im Leben.
Nein,
ich meine damit auch; Ich muss auch nicht während meiner Arbeitszeiten
ständig erreichbar sein. Oh ja. Denn ich bin weder ein Arzt im Bereit-
schaftsdienst noch die Notfallzentrale der Schlüsseldienste (wobei ich
als diese vermutlich nach nur wenigen Einsätzen schon reich wäre, ich
weiß).
Nein, ich schreibe Texte. Und ich kann mir beim besten Willen
nicht vorstellen, was es dabei für Notfälle geben sollte. (Wobei: Mein
Handy klingelt. Ich gehe ran. Eine verzweifelte Frau sagt: “Bitte, helfen
Sie mir! Ich habe es selbst versucht, die Texte für meine Website zu
schreiben, aber irgendwas ging schief… Habe ich die falschen Buchstaben
benutzt?” Sie schluchzt auf. “Dabei hatte ich doch den Vhs-Kurs ‘Deine
eigene Website in zwei Stunden’ belegt! Aber nun… Wirken sie so flach…
Fahl… Se abgelutscht… Bitte, ich glaube, sie machen es nicht mehr
lange – helfen Sie mir!!!” Tja.)
Also: Plane ich meine wichtigen Telefontermine. Dazu schaue ich brav
jeden Tag in meine E-Mails (außer am Wochenende, natürlich) — aber nur
ein- oder zweimal. Das reicht. Genauso habe ich beide Handys auf lautlos,
und schaue nur ab und an drauf — entweder, weil das Pflichtgefühl mich
dazu bewegt oder weil mir gerade langweilig ist. Wobei ich versuche, das
letzere einzudämmen.
Und, was soll ich sagen: Es ist mir tatsächlich noch nie etwas durch die
Lappen gerutscht. Selbstverständlich darf ich mir ab und an ein “Sie sind
telefonisch aber schwer zu erreichen” anhören, aber dazu sage ich einfach nur: Ja.
Vielleicht gewöhnen sich deshalb eigentlich alle Menschen an meine ‘Regeln;
weil ich sehr zuverlässig bin. Ich vergesse nicht, auf eine E-Mail zu
antworten – und wenn ich sage, ich rufe am Dienstag um 10 Uhr an, dann
rufe ich am Dienstag um 10 Uhr an. (Ich finde das übrigens selbstverständ—
lich – aber dazu ein ander Mal.)
Und, was soll ich noch sagen: Es ist eine wunderbare Sache, nicht ständig
erreichbar sein zu müssen. Plötzlich verschwindet ein Kubikmeter schlech-
tes Gewissen. (Wirklich. ich habe es abgemessen.)
Also, probiert es aus. Es macht SO viel Spaß.